Corona

Veränderte Situation für Familien: Ein Beitrag von Dipl.-Psychologin Carmen Rosen

Liebe MSCerinnen und MSCer,

in diesen Tagen tauschen wir ja immer häufiger Informationen über unseren MSC-Newsletter aus. Darunter sind nicht so erfreuliche Nachrichten wie Absagen und Ausfälle – aber auch Erfreuliches, wie beispielsweise die Hilfsaktion der Hockeyherren. In diesem Zusammenhang hat mich dann auch der Vorstand angesprochen, ob ich aus psychologischer Sicht etwas Unterstützendes zum Thema

„Wie können Familien mit der veränderten Situation zurechtkommen?“

beitragen könnte. Und auch wenn dazu bereits einiges gesagt und geschrieben worden ist, teile ich mit euch in diesem Beitrag gerne ein paar Gedanken von mir:

So fiel mir als erstes gleich das Video ein, in dem eine Frau gefragt wird, wen sie mitnehmen würde, wenn sie jetzt in Quarantäne müsste: a) Mann und Kinder oder b) … – und sie entschied sich unbesehen für b).

Das ist einerseits witzig, aber es zeigt andererseits ja auch deutlich die Sorge vor der Überforderung, mit Mann und Kindern – ohne Ausweichmöglichkeiten – über einen unbestimmten Zeitraum ständig zusammen zu sein. Das ist für viele eine ungewohnte Situation.

Denn eigentlich sind wir es ja gewohnt, im Rahmen eines ausgeklügelten Stundenplans, der Familie, Beruf, Schule, Freunde, Hobbies und Interessen unter einen Hut bringt, zu leben.

Das ist alles sehr individualisiert, im Rahmen eines familiären Ganzen. Dieser Rahmenplan ist jetzt nicht mehr gültig und wir sehen uns einer Situation ausgesetzt, in der wir vertraute Muster aufgeben müssen: vertraute Muster, die Sicherheit vermitteln.

Stattdessen werden uns Situationen – wenn auch aus gutem Grund – aufgezwungen, die wir freiwillig nicht gewählt hätten. Doch Situationen, denen wir ausgeliefert sind und durch die wir uns ohnmächtig fühlen, führen zu Frust, Stress und Angst.

Was hilft ist die Situation anzunehmen: aus dem „ich muss“ ein „ich will“ zu machen. Dadurch können wir uns wieder ein Stück mehr als Gestalterin oder Gestalter unseres eigenen Schicksals fühlen.

Schauen wir auf die Schülerinnen und Schüler: In der ersten Zeit hatte die Situation für die meisten noch den Charakter von Ferien. Auch die Entschleunigung haben sie als wohltuend erlebt. Je länger dieser Zustand jedoch anhält, und aus einem kreativen Experiment ein Dauerzustand wird, umso mehr wächst der Stress. Allein die Aussicht, dass dort kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist, kann manche sehr stark belasten. Wir sind sehr gebremst – und wir möchten diese Bremsen bald wieder lockern.

Wie können wir also mit der Situation umgehen?

  • Akzeptieren, dass für a l l e diese Situation neu und ungewohnt und daher verunsichernd ist.
  • Miteinander sprechen.
  • Im Familienrat miteinander besprechen, wie sich die Familie auf die veränderte Lage einrichten    kann.
  • Die Situation mit den Kindern altersgerecht besprechen. Sie nicht mit Informationen überschütten, sondern hinhorchen, was die Kinder beschäftigt und bedrückt. Ebenso sollten dies die Erwachsenen miteinander machen. Einfach weiterfunktionieren? Besser über eigene Grenzen sprechen. Gefühle wie Enttäuschung, Ärger oder Ängste dürfen sein und sollten Platz haben.
  • Eltern sollten ihren Kindern vor allem Sicherheit geben und ihnen deutlich vermitteln: Wir schaffen das gemeinsam!
  • Kinder miteinbeziehen – wer sich beteiligt, fühlt sich mitverantwortlich.
  • Neue Strukturen schaffen.
  • Stundenpläne erarbeiten – für die Kinder und die Eltern, die beispielsweise im Homeoffice arbeiten.
  • Klare Zeiten für gemeinsame Mahlzeiten.
  • Klare Auszeiten für jeden. Wie können wir uns auch einmal aus dem Weg gehen? Wie schaffen wir eigenen Raum? Abgrenzung lässt durchatmen.
  • Wer kann was übernehmen?
  • Wer macht was mit wem?
  • Was kann an die Stelle der sportlichen Aktivitäten treten?
  • Wie können wir im Kontakt mit Freunden bleiben und uns austauschen?
  • Was machen wir neben den Arbeiten gemeinsam? Wie können wir neben den vielen beunruhigenden Infos Spaß zusammen haben?
  • Nicht nur über Probleme sprechen, sondern die Wahrnehmung auch auf das richten, was funktioniert, was gut läuft in der ganzen Umstellung! Hier passt auch einmal ein sportliches Abklatschen wie nach einem gelungenen Ballwechsel!
  • Freudvolle Aktivitäten planen. Da ist die Kreativität aller gefragt. Und es kann manch Überraschendes dabei herauskommen. Wir sollten uns auf neue Anregungen einlassen.

In diesem Sinne wünsche ich uns weiter Kreativität, Flexibilität und Durchhaltevermögen!

Und jetzt muss, nein, möchte (!) ich mal raus. Wer weiß wie lange noch – Risikogruppe!

 

Herzlichen Gruß

Eure Carmen Rosen

Foto: red

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Tillmann Becker-Wahl

Tillmann Becker-Wahl

Im MSC für die Kommunikation, Berichterstattung und Social Media verantwortlich. Wenn Tillmann nicht für die Hockeyherren auf dem Platz steht oder seine Tennisschuhe schnürt, dann studiert er in Köln BWL. Er hat zudem eine zweineinhalbjährige Ausbildung an der Kölner Jouranlistenschule genossen - unter anderem mit Stationen bei SPIEGEL ONLINE und dem Hamburger Abendblatt. Ein echter Content-Experte. Kürzel: tbw.

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