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🏑 1. Hockeyherren gewinnen letztes Heimspiel: Eine Sekunde für die Ewigkeit

17 Sekunden vor der Schlusssirene. Durch die Mitte spielen die MSC-Herren die weiße Kugel noch ein letztes Mal in die gegnerische Hälfte. Es steht 1:1 gegen DSD Düsseldorf. Eigentlich ein Ergebnis, das dem Spielverlauf gerecht wird. DSD war in Führung gegangen, der MSC glich kurz vor Schluss, in der 58. Minuten, aus. Genau 1:22 Sekunden vor dem Ende. Aber was „kurz vor Schluss“ wirklich bedeutet, wird dieses Spiel noch auf beeindruckende Weise zeigen.

Noch 17 Sekunden. „Siggi“ von der Gathen kommt an den Ball. Er lässt sich Zeit. Die Saison ist fantastisch für den MSC gelaufen. Schon vor diesem letzten Heimspiel ist klar, dass diese Mannschaft im gesicherten Mittelfeld landen wird. Ein 1:1 gegen DSD Düsseldorf, das die ganze Saison über Kontakt zum oberen Drittel der Tabelle hatte, ist ein gutes Ergebnis, ein richtig gutes. Alles knorke also.

Noch 9 Sekunden. Philipp Baedeker, unser Innenverteidiger mit den eleganten, effektiven Moves ins gegnerische Mittelfeld, ist am Ball. Die ganze Saison über steckte er die Mannschaft mit seiner Sicherheit an. Auch jetzt verliert er nicht die Ruhe.

Noch 3 Sekunden. Es braucht eine letzte Idee. Philipp spielt den Ball sechs Meter vor dem Kreis, auf Schienbeinhöhe mittig in Richtung Tor. Zwei Sekunden. Es gibt zwei schnelle Berührungen im Kreis. Zwei Sekunden können lang sein. Noch eine Sekunde.

Dazu gleich mehr.

Das Spiel

Letztes Heimspiel der Saison 2021/22. Für beide Mannschaften geht es nur noch ein, zwei Plätze nach oben oder unten in der Tabelle. Vor allem für den MSC ist es eine Art Wohlfühltermin. Man hat nichts zu verlieren. 25 Grad, leichte Quellbewölkung, 100 Zuschauer. Die Mannschaft, die mehr Eigengewächse hat als »Pflanzen Mohr«, darf sich für die vergangenen zwölf Monate auf dem heimischen Kunstrasen feiern lassen.

In der ersten Minute schießen die MSCer zwei Mal aufs Tor und haben direkt die erste Ecke – ohne Erfolg.

Das Spiel ist insgesamt ausgeglichen – zur Halbzeit steht es 0:0. Noch vor einigen Monaten wäre die Euphorie beim Halbzeitstand von 0:0 gegen einen der stärkeren Gegner in der 2. Hockey-Bundesliga wohl größer gewesen. Mittlerweile hat man sich an solche Leistungen der Mannschaft gewöhnt. Aus den letzten sieben Spielen holte sie fünf Siege und zwei Unentschieden. Sie sind das Überraschungsteam der Liga. Den Klassenerhalt so früh gesichert zu haben beeindruckt. Man kann auch sagen: Dass die Erwartungen an dieses Team gestiegen sind, ist ihre eigene Schuld…

Im dritten Viertel geraten die Kölner unter Druck, müssen eine Unterzahlsituation und einige starke Angriffe des DSD überstehen – zwei starke Paraden von MSC-Torwart Felix Noodt sorgen für kurzes Raunen auf den Rängen. Ansonsten verläuft das Spiel bis zur 45. Minute ereignisarm wie eine Rede von Olaf Scholz. Die Singvögel in den Bäumen rund um den Platz sorgen für eine heimelige Atmosphäre, die zum dahinplätschernden Spiel passt.

Wie so häufig beim Hockey entwickelt sich zum Ende des Spiels dann aber alles ganz anders.

Schlussviertel. Der DSD geht in der 46. Minute in Führung – und hat durch eine Überzahl und eine kurze Ecke direkt die Chance zu erhöhen. Bis zur 58. Minute bleibt es aber beim knappen 1:0.

MSC-Coach Simon Starck tauscht seinen Torwart einige Minuten vor dem Ende für einen elften Feldspieler – mit Erfolg. Lennard Schulte-Huermann gleicht kurz danach tatsächlich aus. Dieser Ansatz von Dramatik sollte aber nur die Vorspeise für einen Dramatik-Leckerbissen vom Allerfeinsten sein.

Noch 17 Sekunden. (siehe oben)

Die letzte Sekunde.

Ein Hockeyspiel umfasst eine Dauer von 3.600 Sekunden. In den ersten zehn, zwölf eines Spiels passiert meistens nichts. Alle anderen Sekunden eröffnen den Mannschaften Chancen zu beeindruckenden Dribblings, Ecken, Toren – zu allem, was diesen Sport so reizvoll macht. Dass aber ausgerechnet die 3.600ste Sekunde eines Spiels zur alles Entscheidenden wird kommt nun wirklich selten vor.

Leopold von Nathusius ist in dieser Sekunde im Kreis am Ball, etwa neun Meter vor dem Tor. Er nimmt den Ball in einer schnellen Dreh-Bewegung kurz hoch. Für die meisten Zuschauer ist die Situation nicht gut zu erkennen – zu viel Verkehr im Kreis.

„Leo“ holt aus, ein Volleyschlag. Beim Basketball zählen auch Treffer, die nach der Schlusssirene fallen, wenn der Schütze VORHER den Ball abgeworfen hat. Beim Hockey nicht. Der Ball fliegt halbhoch in Richtung linke Hälfte des Tores. Die Mannschaft hatte in dieser Saison schon so häufig Glück in den letzten Minuten, dass auch hier der wahre Spruch herhalten muss: Immer Glück ist Können.

59:59 Min. – die weiße Hartplastikkugel überquert die Torlinie.

Nach dem Spiel konnte niemand mehr mit Gewissheit sagen, ob der Ball beim Ertönen der Sirene schon im Netz zappelte, oder er sich noch auf dem halben Meter Weg von der Torlinie bis dorthin befand. Hinter der Linie war er aber definitiv.

Momente danach. Der Schütze, längenmäßig kein Riese, steht mit nach oben gestreckten Armen, Gesicht in Richtung Trainerbank, auf dem Sieben-Meterpunkt. Er wirkt in diesem Moment größer als die amerikanischen Mammutbäume im Forstbotanischen Garten. Leopold von Nathusius steht so felsenfest in diesem Moment, er wankt keinen Millimeter als die jubelnde Masse der Mannschaftskollegen ihn in einer Eruption purer Ekstase zu erdrücken sucht. „Leo“ und die gesamte Mannschaft haben dem MSC einen mehr als denkwürdigen Augenblick beschert. In einem Spiel, in dem es eigentlich um nichts geht, hat die Mannschaft alles gegeben. Das Ergebnis, 2:1, wirkt fast schnöde hinsichtlich der Ereignisse.

Die Hockeyherren stehen nach dem Spiel auf Platz vier. Es wird einem fast schwindelig.


2:6 Niederlage im letzten Saisonspiel

Nach dem fesselnden 2:1-Heimsieg einen Tag zuvor, stand am Sonntag dann das letzte Spiel der Saison an. Beim bereits als Vizemeister feststehenden Gladbacher HTC zeigten unsere MSCer eine ansprechende Leistung. Doch nach der beeindruckenden Rückrunde war die Luft ein wenig raus. Gegen die favorisierten Gäste blieben unsere 1. Herren chancenlos. Am Ende verloren sie deutlich mit 2:6.

Tragisch ist das alles allerdings nicht. Als Tabellensechster beenden unsere MSCer diese historische Saison in der 2. Bundesliga. Die Abstiegsgefahr schien schon früh im Jahr eine Utopie zu sein. Das Ergebnis: die beste Endplatzierung seit über einem Jahrzehnt.


Fotos: David Urban

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Dirk Höner

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